Interview mit Lehrgangsleiter Gerhard Rettenegger

Drei Fragen an Gerhard Rettenegger, den Leiter des Lehrgangs „Journalismus Basics“:

Im Internet, vor allem in den sozialen Netzwerken, kann heute jede und jeder Text, Fotos und Video veröffentlichen, wie es ihr oder ihm gefällt. Warum sollte sich noch jemand in Journalismus ausbilden lassen?

Genau deshalb ist Journalismus heute wichtiger denn je. Weil jede und jeder im Internet veröffentlichen kann, bricht eine Informationsflut auf die Mediennutzerinnen und -nutzer ein, die sie überwältigt und oft ratlos zurücklässt: Was, von dem, das ich lese, höre und sehe, ist richtig, was ist falsch. Welchen Informationen kann ich glauben.

Das journalistische Handwerkszeug – und natürlich das journalistische Ethos – stellen sicher, dass die Mediennutzerinnen und -nutzer richtig und verständlich informiert werden. Wirkungsvolles Recherchieren will gelernt sein, genauso wie Interviews führen und das Aufbereiten der recherchierten Informationen. Denn in Zeiten der Aufmerksamkeitsökonomie müssen Journalistinnen und Journalisten nicht nur richtige und verständliche, sondern auch attraktive Beiträge produzieren, die die Leute gerne lesen, hören oder anschauen.

Wie haben sich die Anforderungen an den Journalismus in den vergangenen Jahrzehnten verändert?

Der technische und gesellschaftliche Hintergrund, vor dem Journalistinnen und Journalisten arbeiten, ist ein ganz anderer als noch vor dreißig Jahren. Die Mediennutzerin und der Mediennutzer sind nicht mehr nur passive Konsumentinnen und Konsumenten, viele nehmen auch Teil an der öffentlichen Kommunikation. Mit Schattenseiten wie Hass-Postings in den sozialen Netzwerken oder Fake News. Aber diese Entwicklung hat auch ihre guten Seiten für den Journalismus: Unsere Leserinnen und Leser, Hörerinnen und Hörer sowie Seherinnen und Seher sind nicht mehr nur anonymes Publikum. Wir können uns mit ihnen austauschen, ihre Meinung erfragen, Informationen sammeln und Material für unsere Veröffentlichungen bekommen, den ‚user generated Content‘. Diese Transformation von der alten in die neue Medienwelt ist aber lange noch nicht abgeschlossen. Moderner, erfolgreicher Journalismus ist daher auch Work in Progress.

Eine Herausforderung für Journalistinnen und Journalisten, überhaupt für alle, die mit vielen Menschen kommunizieren, ist die Vielfalt der Wege, über die wir informieren können: Text, Foto, Audio, Video, Multimedia. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Das ist eine spannende Herausforderung. Die Kriterien für guten Journalismus, also gründliche Recherche und Überprüfung der Fakten auf ihre Richtigkeit, die sorgfältige Aufbereitung des Materials, über das berichtet wird – diese Kriterien bleiben gleich, egal, für welches Medium ich arbeite. Darüber hinaus brauche ich aber Wissen, um zu entscheiden, wie ich meine Geschichte erzähle, wenn ich einen Text schreiben, einen Podcast aufnehmen oder ein Video produzieren muss.

Ich muss die Besonderheiten der einzelnen Medien kennen und wissen, wie ich meine Informationen am wirkungsvollsten umsetze. Die Grundlagen vermitteln wir theoretisch, vor allem aber mit viel Praxis, im Lehrgang „Journalismus Basics“.